Neusiedler See Landschaft
![](/cache/3-a_ferto-taj_uvsc-801c-1425043602.jpg)
Die Kulturlandschaft Fertő/Neusiedler See(englisch Fertö / Neusiedlersee Cultural Landscape) ist ein grenzübergreifendes UNESCO-Welterbe im österreichischen Burgenland und den ungarischen Komitaten Győr-Moson-Sopron und Vas.
Das Gebiet wurde im Jahr 2001 zum Welterbe ernannt. Es umfasst den Neusiedlersee, dessen Uferräume sowie die Orte am Ufer. Die Welterbe-Zone entspricht dem österreichischen Nationalpark Neusiedler See–Seewinkel und dem ungarischen Fertő-Hanság Nemzeti Park inklusive derer Randzonen.
Lage und Landschaft
Hauptartikel: Neusiedler See Die Kulturlandschaft Fertő/Neusiedler See wird im Westen durch das Leithagebirge und das Ödenburger Gebirge – beides Ausläufer der Ostalpen – begrenzt und verläuft Richtung Pannonische Tiefebene. Im Norden wird es durch die Parndorfer Platte abgeschlossen.
Eine genaue Abgrenzung ist aufgrund der unterschiedlichen Unterschutzstellungsgrade und den damit verbundenen regionalen, nationalen und internationalen Regeln und Verordnungen nicht leicht möglich. Da die Kulturlandschaft eine lebende Region darstellen und schützen soll, ist eine solche Abgrenzung auch nicht nötig.
Zentrum der Kulturlandschaft ist der Neusiedler See mit seinen für den Steppensee typischen Uferlandschaften, wie den breiten Schilfgürteln. Der Neusiedler See ist einer der wenigen Steppenseen in Europa und weist nur eine geringe Tiefe auf. Der See selbst hat eine Fläche – je nach Wasserstand – von durchschnittlich 320 km². Das Einzugsgebiet des Sees beträgt 1.120 km². Die Hauptausdehnung in nord-südlicher Richtung beträgt 36 km, die Breite zwischen 6 und 14 km. Die Höhe der Erdkrümmung beträgt zwischen Neusiedl am See und Mörbisch 9,6 m, so dass man nicht von einem Ende zum anderen sehen kann.
Am Südende des Sees finden sich die Hanság, jenen Niedermoorlandschaften, von denen heute nur mehr ein Teil vorhanden ist, da in den vergangenen Jahrhunderten das Moor durch ein Kanal- und Grabensystem entwässert wurde. Ebenso zur Kulturlandschaft zählen die zahlreichen Weingärten, die sich aufgrund des pannonischen Klimas am Abhang des Leithagebirges bis zum Seeufer entwickelt haben und das Burgenland zu einer bekannten Weinregion machen.
Geologisch liegt die Gegend auf einer Bruchlinie. Daher gibt es in der Region auch etwa zwanzig Mineralwasserquellen, wie beispielsweise die St. Bartholomäus Quelle in Illmitz. Sie wurde im Jahr 1930 in einer Tiefe von 188 m gefunden, als man eigentlich nur nach reinem Quellwasser bohrte. In Illmitz gibt es noch zwei weitere Quellen: die Sulfina und die Gastrin. Unter dem Neusiedler See soll sich das größte Mineralwasservorkommen Europas befinden, das aber wirtschaftlich derzeit nicht genutzt wird.
Flora und Fauna
- Eine Unterteilung des Nationalparks nach Lebensräumen ergibt:
- den Neusiedler See mit seinem Schilfgürtel,
- die periodisch austrocknende Salzlacken,
- Mähwiesen,
- Hutweideflächen, und
- kleinflächige Sandlebensräume
Der Schilfgürtel des Neusiedler Sees und die Lacken (flache, salzhaltige, episodisch austrocknende Gewässer) sind ein international bedeutender Brut- sowie Rastplatz für Zugvögel, die jeweils im Frühjahr und im Herbst aus dem Norden nach Süden und umgekehrt ziehen. Brutvögel nördlich gelegener Gebiete wie Kampfläufer, Dunkler Wasserläufer oder Alpenstrandläufer nutzen die seichten Uferzonen um ihre Energiereserven für den weiteren Zug zu erneuern.
Von den etwa 320 hier nachgewiesenen Vogelarten brüten rund 120 im Gebiet. Auffällig sind die Nester des Weißstorchs auf den Hausdächern der Ortschaften. Im Frühling und Sommer ziehen Graugänse ihre Jungen im Bereich der Wiesen, Hutweiden und Salzlacken groß. Ihre nordischen Verwandten, die Bläßgans und die Saatgans, sorgen im Herbst und Winter für das vielleicht spektakulärste Naturschauspiel des Jahres – den Gänsestrich, beim An- und Abflug zu den Schlafplätzen. Zu den Besonderheiten zählen zum Beispiel Arten wie Säbelschnäbler, Seeregenpfeifer, Uferschnepfe, Großtrappe, Löffler, Zwergscharbe oder Silber- und Purpurreiher, die in den verschiedenen Teillebensräumen des Schutzgebietes brüten. Von den Säugetieren ist vor allem das Europäische Ziesel interessant. 2007 wurde erstmals der Goldschakal, der hier vermutlich bis Anfang des 20. Jahrhunderts heimisch war und dann ausgerottet wurde, nachgewiesen.
Neben zahlreichen, teils sehr seltenen Schmetterlings- (Osterluzeifalter, Wiener Nachtpfauenauge), Heuschrecken- und weiteren Insektenarten kommen im Neusiedlersee-Gebiet über 40 Libellenarten vor. Unter den Amphibien ist das Vorkommen der Rotbauchunke und des Donaukammmolchs – beides Anhang II Arten der FFH-Richtlinie – besonders zu erwähnen. Weitere vorkommende Amphibienarten sind Wechselkröte, Erdkröte, Knoblauchkröte, Laubfrosch, Springfrosch, Balkanmoorfrosch, Kleiner Wasserfrosch und Teichfrosch sowie der Teichmolch. Auf den Weideflächen im Seewinkel werden alte, hier ansässige Haustierrassen wie das ungarische Steppenrind oder der weiße Esel wieder kultiviert. Damit werden die Weideflächen vor einer Verbuschung bzw. Verschilfung bewahrt. Die im Seewinkel auftretenden Salzböden (Solontschak und Solonetz, im regionalen Dialekt Zick genannt) bieten einer besonders angepassten Flora geeignete Wuchsbedingungen. Salzpflanzen wie die Salzkresse, der Queller oder die im Herbst blühende Pannonische Salzaster zählen zu den Besonderheiten aus botanische Sicht.
Bewohner und Wirtschaft
Die Bewohner dieser Gegend haben ihre Ursprünge in drei großen Ethnien: den Germanen, den Slawen und den Finno-ugrischen Völkern Die wichtigsten Einkommensquellen der Bewohner sind der Tourismus, der Weinbau, das Schilf und die Fischerei.
Geschichte der Region
Die ältesten Siedlungsspuren lassen sich im Hanság bis in das 6. Jahrtausend vor Christus zurückverfolgen. Am Südufer des Sees fand man mehrere jungsteinzeitliche Siedlungen.
Es gibt auch Funde aus dem frühen 4. Jahrtausend, die der Balaton-Lasinja-Gruppe zuzurechnen sind. Um diese Zeit wurde bereits Kupfer verarbeitet. Nahe von Fertörakos und Sopronkőhida fand man auch Reste der Badener Kultur. Die Reste einer Schmiede belegen Siedlungstätigkeiten bis zum Ende der Kupferzeit. Eine Blütezeit erlebte die Region in der Bronzezeit. Von großer Bedeutung war die westlich des Sees vorbeilaufende Bernsteinstraße, die von der Ostsee bis zur Adria führte.
Von Plinius wurde erwähnt, dass sich das Siedlungsgebiet der Noriker bis zum Lacus Peiso und dem Ödland der Boier erstreckte, wobei umstritten ist, ob es sich beim Lacus Peiso um den Neusiedler See oder den Plattensee handelt.
Im 5. Jahrhundert besetzten die Hunnen das Gebiet. Karl der Große eroberte im Awarenfeldzug von 795 den Raum, der aber bald wieder für die Franken bzw. Baiern verlustig ging. Im 11. Jahrhundert wurde das Gebiet auf die beiden Komitate Sopron und Moson aufgeteilt. Ab dem 13. Jahrhundert wanderten wieder deutschsprachige Siedler zu.
Von der ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 war die Region stark betroffen. Aus dieser Zeit stammt auch die Legende vom Türken im Rauchfang von Purbach. Im Langen Türkenkrieg des Jahres 1594 fiel Győr und das Gebiet blieb vier Jahre besetzt. In diesen Jahren wurde erneut viel zerstört.
Viele der heute noch erhaltenen Bürgerhäuser stammen aus dem 18. Jahrhundert als der Unabhängigkeitskrieg von Ference Rákóczi vorüber war. Das 20. Jahrhundert war geprägt durch die Trennung von Österreich und Ungarn. Zuerst wurde das Burgenland von Ungarn getrennt. Vor allem durch den nach dem Zweiten Weltkrieg errichteten Eisernen Vorhanges wurden beide Teile des getrennten Gebietes stark in Mitleidenschaft gezogen.
Geschichte, die die Weltpolitik beeinflussen sollte, schrieben die beiden Orte Sopronkőhida und St. Margarethen, wo beim „Paneuropäischen Picknick“ im Jahr 1989 der Stacheldraht durchschnitten und die Grenze wieder geöffnet wurde.
Entwicklung zum UNESCO-Welterbe
Die Unterschutzstellung der Kulturlandschaft Fertő/Neusiedler See hat ihre Wurzeln schon in der Zusammenarbeit bei der Schaffung des ersten von der IUCN anerkannten länderübergreifenden Nationalparks der beiden Staaten Österreich und Ungarn.
Gesetzliche Basis und Organisation des Kulturerbes
In Österreich ist das Welterbe durch das Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt samt österreichischer Erklärung (BGBl. 60/1993) geregelt. In Ungarn findet das Welterbe nur in zwei ministeriellen Erlässen Erwähnung: Erlass 1/1998. (I.23.) KTMMKM über die Einschränkungen bezüglich Werbung und Erlass 40/1999.(IV.23.).
Die österreichische Teil wird durch den Verein Welterbe Neusiedlersee mit Sitz im Landhaus, Eisenstadt organisiert. In Ungarn führt dies Fertő-táj Világörökség Magyarországi Tanácsa Egyesület mit Sitz im Schloss Esterháza in Fertöd durch.